Neben Wehrgangskirche und Teichanlage hat Dörnthal als weitere Sehenswürdigkeit die älteste noch produzierende Ölmühle Deutschlands zu bieten. Sie befindet sich mit der ehemaligen Getreidemühle – heute
Erlebnisgaststätte – im Besitz der Familie Braun. Sie sind von den ursprünglich 14 Mühlen in Dörnthal, die durch Wasserräder angetrieben wurden, noch erhalten geblieben. Die Wasserräder wurden von Mühlbächen, die man vom Dorfbach abzweigte, gespeist. Zum Teil sind diese Gräben noch heute gut erkennbar. In früheren Zeiten besaßen viele Bauern eigene Mühlen zum Teil mit Mahlwerken für Getreide und zum Teil mit Stampfwerken für die Leinsaat. Als Beispiele seien die Mühlen an der Holzwarenfabrik im Oberdorf, die Schiefermühle, die Mendemühle und die am Haus von Reinhard Helmert genannt. Das Rittergut verfügte über
zwei Mühlen. Die obere oder Herrenmühle befand sich am Huthaus und wurde nach ihrem Verkauf 1787 als Bergwerksmühle bezeichnet. Die untere hieß Hofmühle und stand im Rittergutsgelände, wo sich später die Drechslerei von Otto Kempe befand.

Für die Braunsche Ölmühle liegt vom 2. Dezember 1650 die erste schriftliche Erwähnung vor. Ihr Besitzer  Christoph Morgenstern hatte einen Mühlzins zu entrichten. Damals gehörte die Mühle zum Böhme-Gut, dem Bauernhof, der hinter der Mühle auf dem Berg steht. Diese Erwähnung – zwei Jahre nach dem Ende des 30-jährigen Krieges – lässt den Schluss zu, dass die Ölmühle bereits vor dem Krieg erbaut wurde.

In den Jahren 1626 und 1633 hat die Pest fast die Hälfte der  Dorfbevölkerung hingerafft. Außerdem lag Dörnthal durch die Kriegseinwirkungen völlig darnieder. Plünderungen und Brandschatzungen sowohl durch die kaiserlichen als auch durch die schwedischen Truppen, die ab 1632 periodisch wiederkehrten, hatten die Hälfte der Bauernhöfe verwüstet. Auch das Böhme-Gut wurde zum Teil zerstört. Erst 15 Jahre später war es wieder hergestellt. An den Neubau einer Mühle ist in dieser Zeit wohl nicht zu denken gewesen. Daraus folgt, dass eine der ältesten noch produzierenden Ölmühlen Deutschlands in Dörnthal nicht 370, sondern bald 400 Jahre alt wird. Vom 17. bis Ende des 19. Jhd. wechselten die Besitzer des Bauerngutes, zu dem die Ölmühle gehörte, relativ häufig.

1806 ist der Bau eines zweistöckigen Wohngebäudes mit Fachwerk und Schieferdach in den Gemeindeakten vermerkt. Es war das Gebäude, das wir heute noch von der Dorfstraße aus sehen können. Die Mühle wurde nun ein selbständiges Objekt. 1873 erwarb sie Ernst Schneider für 2500 Taler. Von ihm kaufte sie Gustav Braun im Jahre 1934, den die ältesten Bürger des Ortes noch kennengelernt haben. Zu dieser Zeit war die Ölmühle noch mit einem Stampfwerk ausgerüstet und wurde durch ein Wasserrad angetrieben. Doch schon wenige Jahre später begann Gustav Braun mit der Modernisierung seiner Mühle. Er ließ das Wasserrad durch eine Ossberger-und-Francis-Turbine ersetzen, die eine höhere Leistung erbrachte. Diese Turbine liefert noch heute einen Teil der Antriebsenergie der zahlreichen Transmissionsräder.

Die stetig steigende Produktion erforderte 1938 einen Anbau an die Mühle. Trotz der großen Nachfrage konnten sich die Dörnthaler ihr Leinöl nach wie vor direkt und frisch sowie für wenig Geld von der Mühle holen. Der 2. Weltkrieg verhinderte erst einmal die weiteren geplanten Modernisierungen und auch den freien Verkauf des Leinöls. Die Bauern konnten nun nicht mehr frei über ihre Leinsaat verfügen.

Nach Kriegsende – besonders in den 50-er Jahren – setzte in der DDR das große Mühlensterben ein. Wenige industriell produzierende volkseigene Großmühlen versorgten den Markt. Heinz Braun – der Sohn von Gustav – erkannte diesen Trend frühzeitig und modernisierte und spezialisierte die Mühle zum richtigen Zeitpunkt. Die Stampfen wurden durch Pressen und Walzenstuhl ersetzt und die ganze Technologie voll auf kaltgepresstes, naturbelassenes Leinöl ausgerichtet. Damit konnte er sich auch unter sozialistischen Bedingungen als kleiner Handwerksbetrieb behaupten.

Dabei blieben die alte Wasserkraftanlage und der einmalige Transmissionsbetrieb über fünf Etagen und damit das Flair einer alten Wassermühle erhalten. Unterstützt wird die Mühlenromantik noch durch das zahlreiche alte Mühleninventar.

Die Mühle produzierte zu DDR-Zeiten im Dreischichtsystem und stellte neben Speiseleinöl auch Rohleinöl für die Farben-, Lack- und Margarineindustrie her.

Mit der Wende 1989/90 brach dieser Markt teilweise zusammen. Mit Mut und viel Engagement gelang es der dritten Generation der Braunschen Müllerfamilie – der Tochter von Heinz – Christl Braun, die Mühle vor dem Zusammenbruch zu retten. Mit einigen Mitarbeitern stellte sie sich den neuen marktwirtschaftlichen und lebensmittelrechtlichen Anforderungen und konzentrierte sich voll und ganz auf die alte erzgebirgische
Tradition, der Herstellung von kaltgepresstem Leinöl.

Seit 1993 steht die Dörnthaler Ölmühle unter Denkmalschutz. Der Mühlenladen hält inzwischen ein umfangreiches Angebot an Bio- und Naturprodukten bereit und wird inzwischen von Kunden aus nah und fern regelmäßig besucht.

Einen besonderen Höhepunkt erlebt die reizvoll am Dorfbach gelegene Ölmühle jedes Jahr zum Mühlentag am Pfingstmontag. Auch dieses Jahr dürften wieder mehr als 1.000 neugierige Besucher ins Mühlenviertel geströmt sein. Die umfangreiche Organisation wird von Christl Braun mit viel Einsatz und Erfahrung, aber auch mit aller Ruhe erfolgreich bewältigt. Dabei wird sie von ihren Kindern, den Mitarbeitern und vielen Helfern aktiv unterstützt. Auch bei anderen kulturellen Veranstaltungen im Ort leistet die langjährige Mühlenchefin regelmäßig finanzielle und organisatorische Hilfe.

Zum Schluss kann man feststellen: Tradition hat Zukunft. Sollte Christl Braun irgendwann in Ruhestand gehen, steht die vierte Braunsche Müllergeneration bereit. Tochter und Sohn sind schon lange in verantwortlichen Funktionen des Unternehmens tätig.

Bei meiner Darstellung konnte ich mich auf das „Kleine Rezeptbuch“ von Christel Braun stützen.

K. Jablinski, Ortschronist von Dörnthal