In den bisherigen Amtsblättern der Stadt Olbernhau habe ich von der historischen Entwicklung einiger alter, ehrwürdiger Gebäude in Dörnthal berichtet. Dazu gehört auch das ehemalige Bauerngut mit Mühle (heute: Hausnummer 55). Die erste Erwähnung dieses Objektes findet sich im Türkensteuerregister von 1501.

1559 kaufte Valentin Erler das Gut mit Mühle für 850 Gulden. Nachdem er und seine Nachfolger rund 60 Jahre ihrer Tätigkeit als Bauern und Müller mehr oder weniger erfolgreich nachgehen konnten, gab es 1625/26 einen schlimmen Einschnitt in der Entwicklung Dörnthals: Der Ausbruch der Pest forderte 100 Todesopfer, ganze Familien wurden innerhalb kurzer Zeit hingerafft.

Zu allem Unglück wüteten ab 1632 auch noch die verschiedenen Kriegsparteien des 30-jährigen Krieges in unserem Heimatort. Im genannten Jahr überquerte der kaiserliche Oberst von Holck mit seinen Söldnertruppen den Erzgebirgskamm und fiel in Sachsen ein, um den Kurfürsten zur Raison zu bringen. Die Erzgebirgsdörfer waren die ersten Opfer. Auch in Dörnthal wurde geplündert und gemordet. Vieh wurde weggetrieben, Häuser gingen in Flammen auf. Neun Bauern wurden auf freiem Feld bei der Arbeit erschlagen, darunter Georg Gles, der in der dritten Generation der Familie Gles Erbrichter in Dörnthal war. Dem Pfarrer Daniel Bäsler, seit 1630 in Dörnthal im Amt, wurden alles Vieh, seine Getreidevorräte, Kleidung, Hausrat und sogar seine Bücher weggenommen. Der General handelte nach der Devise seines Feldherrn Wallenstein: „Der Krieg muss den Krieg ernähren!“

Einige Jahre später zogen die Schweden durch Dörnthal und verhielten sich keinesfalls menschlicher. Nach diesen Zerstörungen und Brandschatzungen lagen die meisten Bauernhöfe wüst. Noch 25 Jahre später waren auch Bauerngut und Mühle noch zerstört. In den Kaufbüchern befindet sich der Eintrag, dass Christoph Löpmann 1657 das Objekt gekauft hat. In der Folgezeit wurde von ihm eine neue Mühle in das Wohnhaus eingebaut. Zur Gesamtanlage gehörten laut Kaufvertrag noch dazu: „Eine Scheune, ein Zuchtstall, ein Nebengebäude, ein Branntweinhäuschen und ein Wasserhäuschen mit Wassergraben auf Nachbars halber Hufe (Gut Nr. 43) für 8 Groschen Wasserlaufzins“. Aus dieser Anlage wird ersichtlich, dass die alte Mühle woanders gestanden haben muss. Auf der Flurkarte von 1843 ist nördlich vom Dorfweg zwischen Scheune und Bienenhäuschen ein Gebäude eingezeichnet, welches als erster Standort der Mühle mit einem unterschlächtigen Wasserrad angesehen werden kann. Durch den Einbau der neuen Mühle ins Wohnhaus verlor das alte Gebäude an Bedeutung, wurde abgebrochen und die Fläche in Gartenland umgewandelt. Nachdem Löpmanns Mühle wieder gut in Schuss war, starb 1680 seine gesamte Familie innerhalb von 17 Tagen an der Pest. Über Dörnthal rollte eine zweite Welle dieser Seuche, die wieder viele Todesopfer forderte.

1681 wurde das Gut mit Mühle für 200 Gulden an Johann Lichtenberger verkauft.

In den folgenden Jahren sind 15 Pächter oder Besitzer von Mühle und Gut in den Kaufverträgen aufgeführt, bis das Objekt 1902 in den Besitz des Müllermeisters Gustav Braun aus Weigmannsdorf gelangte. Seit dieser Zeit bis zur Gegenwart ist die Mühle im Besitz der Familie Braun geblieben. Bis 1945 erfolgte die Verarbeitung von Getreide mit der bisherigen hölzernen Anlage und Wasserradantrieb. In den folgenden Jahren gab es mehrere Um- und Ausbauten mit der Inbetriebnahme einer Wasserturbine. Auch die Inneneinrichtung wurde modernisiert, um die Produktivität zu erhöhen und im Wettbewerb mit den VEB-Großmühlen in den fünfziger Jahren bestehen zu können. In den sechziger Jahren wurde durch staatliche Anordnung die Produktion von Mehl in der kleinen Anlage unterbunden. Danach konnten nur noch Futtermittel hergestellt werden, was sich nach der Wende nicht mehr lohnte. Schließlich kam es im Jahre 2000 zur völligen Einstellung des Mühlenbetriebes. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Mühle bereits seit 450 Jahren.

Um dieses historische Objekt vor dem Untergang zu bewahren, hat Gunter Braun, der Enkel von Gustav Braun – dem Begründer der Familientradition – keine Kosten und Mühe gescheut. Er baute die alte Mühle mit viel Engagement und Mut zur Traditionsgaststätte um. Dabei wurde auch die alte Mühlentechnik erhalten, die Besucher bei entsprechender Anmeldung gern besichtigen können. Das große Wasserrad an der Giebelwand dient jedoch nur noch der Anschauung, wird aber von den Besuchern mit viel Interesse betrachtet. Im Erdgeschoss der ehemaligen Mühle befindet sich seit der Einweihung 2002 die Gaststube mit ca. 50 Plätzen.

Die Gäste können sich an der rustikalen Einrichtung, der kleinen Wasserradanlage und dem Steinbackofen erfreuen. Von einigen Plätzen aus können die Besucher beobachten, wie vom ehemaligen Müller Brot und Eisenpfannen mit Buttermilchgetzen in den vorgeheizten Steinbackofen geschoben und wieder herausgenommen werden. Es wird ausschließlich mit Birkenholz in einer Länge von 50 cm geheizt, da dieses einen hohen Heizwert hat und kaum Funkenfl ug verursacht. Die Ausstrahlung des Backofens schaff t eine wohltuende, behagliche Atmosphäre in der Gaststube. In der Etage darüber gibt es einen Vereinsraum, in dem auch noch einmal etwa 50 Personen Platz fi nden. Auf derselben Ebene hat Gunter Braun 2010 eine kleine hauseigene Brauerei einbauen lassen, wo er zwei leckere Sorten Bier braut, die jedoch nur in den eigenen Gasträumen ausgeschenkt werden. Seit der Eröff nung im Jahre 2002 bis zum heutigen Tag ist der Besucherzustrom für die Erlebnisgaststätte „Braunmühle“ nicht zurückgegangen, was nicht zuletzt an der Persönlichkeit des Wirtes, Brauers und ehemaligen Müllers sowie an den schmackhaften erzgebirgischen Speisen liegen dürfte.

K. Jablinski, Ortschronist von Dörnthal