Es war im Januar 1963, als sich in Dörnthal herumsprach, dass in den noch nicht lange bestehenden LPG-en Typ III „Rotes Banner“ und Typ I „Saidenberg“ Schweine ohne ersichtlichen Grund verendet waren Es begann beim Martin-Bauer im Mitteldorf. Schnell wurde vom Tierarzt die Ursache ermittelt: Schweinepest, eine Virenerkrankung, die meistens zum Tod der Tiere führt. Das war für die beiden noch ungefestigten LPG-en ein schwerer Schlag. Schon am nächsten Tag wurden an der BHG und vor der Einmündung in die Saydaer Straße im Oberdorf Schlagbäume errichtet, die wahrscheinlich aus Autoritätsgründen von Soldaten aus Marienberg überwacht wurden. Das gesamte Oberdorf war somit über mehrere Wochen unter Quarantäne gestellt.
Natürlich gab es auch in allen Ställen Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung wie z.B Seuchenmatten, Kleidungswechsel u.ä. Das bedeutete auch für die Bevölkerung im Quarantänegebiet große Einschnitte. Kindergarten- und Schulkinder mussten zu Hause bleiben. Aber auch die Arbeiter und Angestellte durften nicht aus dem Oberdorf raus und auf Arbeit gehen.
Ich habe erfahren, dass Lehrer Eismann, der ebenfalls nicht in seinen Dienstort konnte, vormittags ab und zu Kinder unterrichtet hat. Warenlieferungen mussten am Schlagbaum ausgeladen und mit dem Handwagen oder Schlitten bis zu Morgensterns Laden gebracht werden. In der BHG soll sich ein Zimmer zum Aufwärmen für die Soldaten nach dem Dienstwechsel befunden haben.
Die Dorfgemeinschaft hat offensichtlich in dieser Zeit sehr gut funktioniert. Man hat sich gegenseitig geholfen und unterstützt. Nach mehreren Wochen und dem Tod von 23 Schweinen sowie 118 Notschlachtungen konnte die Seuche schließlich gestoppt werden. Die Quarantäne wurde aufgehoben. Für die ökonomische Bilanz der beiden LPG-en und für deren Anziehungskraft in den Augen der Bevölkerung war das ein schwerer Schlag.
Bundesweit wütete die „normale“ Schweinepest 1996 zum letzten Mal. Seither gab es nur vereinzelt Ausbrüche. Inzwischen ist die Gefahr der Afrikanischen Schweinepest durch infizierte Wildschweine von Polen bis nach Sachsen getragen worden und stellt wieder eine große Herausforderung für die Landwirtschaftsbetriebe dar.