In der Heimatliteratur des 19. Jhd. propagierte man fälschlicherweise, dass Dörnthal seinen Namen nach einer Kapelle der Heiligen Dorothea erhalten habe. Es wurde behauptet, sie sei die erste Kirche in Dörnthal gewesen und von Ossegger Mönchen gegründet worden.
Gegen diese Theorie sprechen mehrere Gründe. Erstens wurde Ossegg etwas später gegründet, als man es von Dörnthal annehmen darf. Zweitens war es im 12. und 13. Jhd. im Erzgebirge nicht üblich, Orte nach Heiligen zu benennen. Drittens lauteten die ersten bekannten Namen unseres Ortes Dorrenthal und Dorntal, erst Jahrhunderte später nach der Reformation tauchte Dorotheental auf.
Nachweisbar ist aber, dass an der Kreuzung zwischen der obererzgebirgischen Poststraße – die von Freiberg über Mittelsaida nach Olbernhau führte – und der Dorfstraße bis 1790 eine Kapelle gestanden hat, die jedoch kaum etwas mit der Kirche von Dörnthal zu tun hatte.
Nicht im Kirchenarchiv, sondern in einem Kaufvertrag ist die Übergabe der Kapelle an den Schmied Hans Braunen dokumentiert. Außerdem wird der Verkauf der zwei Glocken erwähnt. Nach 1790 wurde die Kapelle wegen Baufälligkeit abgerissen und das Wohnhaus Nr. 20 für den Tischler Carl Drechsel auf diesem Grundstück gebaut. Dessen Abriss wiederum erfolgte im Jahre 2006 durch den Eigentümer Ronny Ebert.
Quadersteine der alten Kapelle sollen beim Teichbau 1842 mit verwendet worden sein. Ein Wetterhahn, der sich auf der Kapelle befand und das Kapellenhaus des Tischlers angeblich vor einem Brand geschützt hat, befindet sich noch im Archiv.
Prof. Fritz Zimmermann vermutet in der Ortschronik, dass es sich bei der Dörnthaler Kapelle um eine kleine Wallfahrtskirche gehandelt haben könnte, mit der die Mönche aus Ossegg vielleicht viele Jahre nach der Besiedlung des Tales Fuß in der Gegend fassen wollten.
Dass an der genannten Kreuzung eine Kapelle gestanden hat, ist bewiesen. Dass sie der heiligen Dorothea gewidmet worden wäre und den Ortsnamen begründet habe, sind reine Vermutungen gewesen. Über das damalige Aussehen und die Ausstattung der Kapelle gibt es keine Nachweise.
Ortschronist von Dörnthal
K. Jablinski