Es war ein hartes und karges Leben, aber die Dörnthaler Siedler waren freie Bauern mit erblichem Nutzungsrecht auf von ihnen selbst urbar gemachten Grund und Boden. Acker für Acker hatten sie dem Urwald abgerungen und bestellt. Zwei bis drei Generationen mussten schwer arbeiten, ehe aus der Hufe Urwald ertragreiche Äcker und Wiesen wurden.

Bis in unsere Tage blieb am Ende der Hufe ein Stück Wald für die künftige eigene Holzversorgung übrig. Die erste Neubauerngeneration und ihre Nachkommen vollbrachten eine gewaltige Kulturleistung. In alten Geschichtsbüchern wird diese mit folgendem Spruch gewürdigt: Der ersten Siedlergeneration drohte der Tod, der zweiten die Not und erst in der dritten gab es ausreichend Brot.

Die ersten Siedler waren vermutlich wegen der Schwere der Arbeit abgabenfrei, es musste lediglich ein geringer Zins für den verliehenen Boden an den Beauftragten des Landesherrn auf Burg Frauenstein abgeliefert werden. Diese Aufgabe übernahm in der Regel der Erbrichter. Er musste dafür einen weiten Weg zurücklegen, denn Dörnthal gehörte zur Pflege Frauenstein, wie man in alten Urkunden lesen kann. Unser Ort unterstand anfangs also dem Markgrafen direkt. Später, urkundlich nachgewiesen ab 1449, wahrscheinlich aber schon einige Jahrzehnte früher, übergab der Landesherr das Dorf Dörnthal als Lehen einem reichen Patrizier und Ratsherren aus Freiberg, der dann den Zins kassierte. Dabei handelte es sich um die Familie der Wigkarts, auch Weigkart, Wykart oder Wickart geschrieben. Sie waren durch den Freiberger Silbererzbergbau zu Vermögen gekommen.

Das vorhandene älteste Schriftstück von 1449 legte das Altenteil für die Witwe des Dorflehensherrn Caspar Wigkart fest. Es betrug 28,5 Gulden im Jahr. Für eine wohlhabende Familie nicht eben viel, wenn man zum Vergleich das Jahresgehalt eines Kammersekretärs bei Hofe von 400 Gulden heranzieht. Allerdings betrug der jährliche Lohn eines Knechtes 13,5 und einer Magd 12 Gulden in dieser Zeit. Wenn in dem Vertrag auch nicht extra vermerkt, wird die Witwe wohl auch freie Wohnung und Verpflegung gehabt haben. Auch nach dem Tod von Caspar blieb das Lehen in der Familie Wigkart, wie die Lehensbriefe an Hans 1457, Caspar und Paul 1465 belegen. Sie wurden bei jedem Wechsel auch innerhalb der Familie neu ausgestellt, obwohl dieser Besitz als Erblehen ausgeschrieben war. So wurde auch bei der Belehnung derer von Schönberg verfahren, die nach einem aufgefundenen Schriftstück von 1501 mit Dörnthal belehnt wurden. Dass es sich jedoch nur um einen Teil Dörnthals handeln konnte, macht eine andere Lehensurkunde deutlich. Mit ihr erhält Christoph Alnpeck – auch ein Freiberger Patrizier – 1539 „einen Anteil an Durrenthale, wie er es von Heinrich Wigkart gekauft hat.“ 1560 bekam dann Caspar von Schönberg vom Kurfürst August von Sachsen das Gesamtlehen über Dörnthal.

Mit den Schönbergs übernahm eine in Sachsen sehr einflussreiche Familie ihre Herrschaft über Dörnthal. Ihr Besitz reichte von Frauenstein und Rechenberg das Kammgebiet entlang über Sayda bis Pfaffroda. Mitglieder der Familien nahmen hohe Stellungen am kurfürstlichen Hof in Dresden ein. Sie besaß beträchtlichen Grundbesitz, besonders an Wald, betrieb aber auch Landwirtschaft zum Beispiel in Dörnthal, wo das Rittergut als Gutshof funktionierte. Das hatte Konsequenzen für die Dörnthaler Bauern, die beim Rittergut zu Gespann- und Handdiensten verpflichtet wurden. Die ursprüngliche Befreiung von jeglichen Frondiensten war im Laufe der Jahrhunderte durchlöchert worden. Sie galt nun nur noch für den Erbrichter. Der Grundherr hatte das Recht, Söhne und Töchter der Bauern als Gesinde für sich zu fordern. Er kassierte den Erbzins und die Gebühren bei Erbübertragung. Er war oberster Gerichtsherr und hatte die Gerichtsaufsicht über den Ort, wobei der Erbrichter und die Schöffen im Amt blieben. Nach wie vor genehmigte und bestätigte der Erbrichter Käufe und Verkäufe von Grundstücken und Häusern sowie Überschreibungen an Erben Die Gebühren standen jedoch dem Grundherrn zu. Die gesetzliche Beurkundung von Geburten, Eheschließungen und Todesfällen lag bei der Kirche. Nur schwere Vergehen und Verbrechen oblagen der höheren Gerichtsbarkeit, den Patrimonialgerichten,
die auf dem Lande an den Grundherrn gebunden waren. In Dörnthal übte ein Justitiar, der juristisch ausgebildet war, im Auftrag der Schönbergs die Gerichtsbarkeit aus. Diese vom Volk verhassten – sozusagen privaten Gerichte – wurden in Sachsen erst 1855 in staatlicher Verantwortung übernommen. Auch danach bis 1945 übten die Schönbergs als Kirchenpatrone sowie größte Land- und Waldbesitzer unseres Ortes großen Einfluss auf das Leben der einfachen Leute aus. Dabei ist die fast 450-jährige Herrschaft der Schönbergs über unsere Dörfer mal zum Nutzen, manchmal aber auch zum Schaden der Einwohner ausgeübt worden. Als positiv gingen bis in unsere Zeit vor allem drei Persönlichkeiten aus der langen Ahnenreihe derer von Schönberg in die regionale Geschichtsschreibung ein. So verteidigte der Berghauptmann Georg Friedrich von Schönberg ab 1632 mit seinen Berg- und Hüttenleuten die Stadt Freiberg erfolgreich vor den mehrfachen Angriffen der Schweden im 30-jährigen Krieg. Caspar von Schönberg nahm nach dem 30-jährigen Krieg viele Exulanten aus Böhmen auf, die protestantischen Glaubens waren. Sie mussten aus ihrer Heimat fliehen, weil der deutsche Kaiser und König von Böhmen Ferdinand der III. entsprechend dem Westfälischen Friedensschluss (Ende des 30-jährigen Krieges) in seinem Machtbereich den Katholizismus wieder mit Gewalt durchsetzen wollte. Entweder die Lutheraner konvertierten oder wurden grausam verfolgt bzw. außer Landes getrieben. So gründete Caspar von Schönberg 1651 Oberneuschönberg, 1655 Niederneuschönberg, 1659 Kleinneuschönberg und 1652 Hutha für die über den Erzgebirgskamm geflohenen Exulanten. Für wenig Geld wurden ihnen in den genannten Orten ein Bauplatz und Holz zur Verfügung gestellt. Mit seiner Weitsicht und Klugheit sorgte Caspar von Schönberg dafür, dass die Einwohner der neuen Ortschaften Freiheiten erhielten, die zu jener Zeit völlig ungewöhnlich waren.

Schließlich sei noch Dr. Alfons Diener von Schönberg genannt, der mit seinen schriftstellerischen und historischen Beiträgen viel für unsere Region getan hat. Als Kirchenpatron von Dörnthal unterstützte er die Freilegung der Holzkassettendecke. Er sorgte sich auch um die sozialen Belange der Einwohner. Als er 1936 starb, wurde er unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in der Familiengruft von Schloss Pfaffroda  beigesetzt.

Für diesen Beitrag habe ich die Broschüre „550 Jahre urkundliche Ersterwähnung Dörnthals“ von Professor Fritz Zimmermann genutzt.

K. Jablinski, Ortschronist von Dörnthal